italienische Renaissance
Claudio Monteverdi: «Vespro della Beata Vergine» (version 1610)
Am Übergang von der Renaissance zum Frühbarock führt Claudio Monteverdi das Theater in die Musik ein, sogar in die geistliche Musik, wie seine monumentale Marienvesper zeigt. Mit diesem Werk gelangt das Drama in die vom Mittelalter tradierte Liturgie: Die Stimmenkombination und der Einsatz einer gewaltigen Palette von Instrumentalfarben verfeinern die Emotionen und rollen so den roten Teppich aus für die kommenden grossen Fresken wie Händels Messias oder die Passionen von Meister Bach. Wer könnte diese einzigartige Partitur besser zum Leben erwecken als das belgische Ensemble Vox Luminis und sein Gründungsdirigent Lionel Meunier? Seit genau zwanzig Jahren stehen sie an der Spitze der besten Interpreten dieses Repertoires und hatten Zeit und Musse, sich dessen kleinste Feinheiten anzueignen. Ohne den Anspruch erheben zu wollen, «die» Fassung der Uraufführung wiederzugeben – für die sich die Experten nie einigen konnten, ob sie während Monteverdis Aufenthalt in Mantua stattfand und wenn ja, in welcher Form –, bieten sie hier eine Lesart an, die der ersten Publikation nahekommt; diese erschien 1610 in Venedig und dürfte ziemlich sicher dazu gedient haben, Monteverdis Kandidatur als Kapellmeister des Markusdoms zu festigen. Das zeigt sich insbesondere daran, dass zwei Chöre zum Einsatz kommen, wie es in Venedig seit Adrien Willaert üblich war. Eine Interpretation voll subtiler Gegensätze, von der die folgenden Zeilen einen Vorgeschmack geben können: «Wenn in der Dämmerung keine Möglichkeit mehr besteht, die Dinge zu unterscheiden, intensiviert sich das Zuhören, und die wachsame Seele wird ganz Ohr, denn die Stimmen könnten das Halbdunkel durchdringen …»
Lionel Meunier, Leitung
Zsuzsi Toth, Perrine Devillers, Sopran
Raffaele Giordani, Jacob Lawrence, Joao Moreira, Massimo Lombardi, Tenor
© Tom Blaton