Mittelalter
«Cantano gli angeli» – Monumentale Motetten des Ars Nova
Die Geschichte der Musik ist von Revolutionen geprägt. Zu den spektakulärsten des Mittelalters gehört zweifellos die Ars Nova, die in der Nachfolge der ersten «wagemutigen» Polyphonien der Kantoren der Schule von Notre-Dame durch die Traktate von Jean de Muris und Philippe de Vitry gefördert wurde. Zwar sind die ästhetischen Grundlagen die gleichen, doch alles – die Ornamentik der melodischen Linie, der Umfang der Polyphonie, die rhythmische Komplexität und die rhetorische Bandbreite – verstärkt sich, um die mittelalterliche Motette auf ihren Höhepunkt zu bringen. Das junge Ensemble Sollazzo, das 2014 in Basel von ehemaligen Schola-Mitgliedern gegründet wurde (sie übernahmen Wanda Landowskas herrliche Maxime «Man sollte die Meisterwerke der Vergangenheit nie so spielen, wie man einen Trauerzug vorüberziehen sieht – gelähmt vor Respekt»), beweist dies auf glanzvolle Weise mit seinem Programm «Cantano gli angeli» [«Es singen die Engel»]. Es basiert auf den grossen Motetten Lunne plaine d’umilité und Apollinis eclipsatur / Zodiacum signis (die letztere inszeniert eine lebendige Unterhaltung zwischen Bernhard von Cluny und seinen musikalischen Gefährten) und hebt die bereits damals bestehende Fähigkeit der Komponisten hervor, subtil mit dem Klang der Worte zu spielen, um dem Publikum zwei Szenen derselben Geschichte gleichzeitig zu Gehör zu bringen.
Anna Danilevskaia, Fidel & Leitung
Carine Tinney, Sopran
Sophia Faltas, Alt
Jonatan Alvarado, Lior Leibovici, Tenor
Franziska Fleischanderl, Psalterium
Natalie Carducci, Fidel
Roger Helou, Organetto
© Mara Winter